Pfui! So was tut ein Therapiehund nicht!
Die Pinkel-Affäre war der ausschlaggebende Grund dafür, dass Jamie und ich den letzten Praktikumseinsatz mit „nicht genügend“ bestanden haben – also genau genommen nicht bestanden haben. So was tut ein Therapiehund nicht! – waren sich die Trainerinnen und Prüferinnen bei der Nachkontrolle einig. Da Jamie sich in seiner Verliebtheit auch in der Praxisräumlichkeit in Anwesenheit der beiden Hündinnen nicht auf die Arbeit konzentrieren konnte, hat sein übriges getan. Glücklicherweise dürfen wir den Praktikumseinsatz an einer anderen Stelle wiederholen.
Jamie war auch bei der Nachkontrolle sehr aufgeregt und wir absolvierten die Prüfung wieder mehr schlecht als recht. Von den Prüferinnen wurde außerdem die Vermutung geäußert, dass er krank sei, weil er so nervös und so schlank ist. Ich wurde aufgefordert ein aktuelles Gesundheitszeugnis von Jamie vorzulegen und seine Schilddrüsenwerte überprüfen zu lassen.
Die Meinung der Tierärztin
Die Vorwürfe, ich würde einen kranken Hund mit zur Arbeit nehmen, sind mir sehr nahe gegangen. Ich habe am Abend wieder lange mit Jamies Tierärztin gesprochen und sie nach ihrer Meinung gefragt. Ihrer Ansicht nach hat Jamie ein ganz normales Gewicht und sie kennt ihn auch nur von meinen Erzählungen so nervös. Auf sie wirkt sein Verhalten und sein Aussehen vollkommen unauffällig. Sie hat mich beruhigt und gemeint, ich solle mich nicht verrückt machen lassen. Die gewünschten Untersuchungen wird sie natürlich trotzdem machen.
Die ganze Sache hat aber noch weitere Konsequenzen. Nach einem ausführlichen Gespräch mit der Tierärztin habe ich mich dazu entschlossen, Jamie nun doch kastrieren zu lassen.
Für die Tierärztin ist absolut nachvollziehbar und nicht überraschend, dass ein nicht kastrierter Rüde den Verstand verliert, wenn er mit „gut riechenden“ Hündinnen konfrontiert wird. Auf meine Frage, weshalb er denn auch dann so neben sich ist, wenn die Läufigkeit der einen Hündin schon zwei Wochen vorbei ist und die andere für ihn interessante Hündin sogar kastriert ist, hatte sie auch eine Antwort: Hündinnen riechen auch vor und nach der Läufigkeit eine Zeit lang noch sehr attraktiv für Rüden. Bei kleinen Hunden ist außerdem oft sehr viel Sekret in der Analdrüse, dessen Geruch auch anziehend sein kann. Es sei massiver Stress für einen Rüden, ihn dieser Situation auszusetzen und dann noch eine Leistung von ihm zu verlangen.
Der erste Therapiehund
Ich wollte Jamie die Kastration ersparen, weil wir ja kaum in der Situation sind, in Anwesenheit von fremden Hunden zu arbeiten. Genaugenommen bin ich es ja, die arbeitet. Jamie liegt in seinem Bett oder auf seiner Decke und verschläft den Großteil der logopädischen Einheit. Vor Beginn der Therapie, oder gegen Ende, dürfen die Patienten Jamie noch streicheln, füttern oder mit ihm spielen – wenn sie das möchten.
Jamies „Arbeit“ entspricht eher der Arbeit des ersten Therapiehundes überhaupt: „Jingles“. Jingles war der Hund des Kinderpsychotherapeuten Boris Levinson, der erkannte, dass sich seine kleinen Patienten in Anwesenheit seines Hundes besser – oder überhaupt erst öffnen konnten. Der Hund musste dazu nicht einmal sehr viel tun.
Aber die Argumente der Tierärztin bezüglich Kastration haben mich trotzdem überzeugt. Wenn Jamie weniger Stress hat im Leben, wenn er kastriert ist, dann soll es so sein. Hoffentlich ist es dann auch tatsächlich so!
Einen erfolgreichen Tag!
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