Mein alter Herr

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Nun kommt die Zeit, in der ich mir eingestehen muss, dass es irgendwann einmal eine Zeit ohne meinen lieben Filippo – meinen alten „Hundeherr“ geben wird. Es ist nicht nur so, dass ihm das Gehen bereits große Mühe macht. Er humpelt immer noch tapfer dorthin, wo es interessant riecht oder er unbedingt hin möchte. Dorthin geht es, für seine Verhältnisse, manchmal in einem erstaunlichen Tempo. Dort, wo ich hin möchte, geht es nicht ganz so leicht. Aber mit ausreichend Leckerlis ausgestattet, ist auch das zu schaffen.

Jetzt kommt aber dazu, dass er nach einiger Zeit Gehen, sehr schwer atmet. Aber er will trotzdem weitergehen – solange ihm das Wetter zusagt. Der Rückweg ist aber meist sehr beschwerlich und oft habe ich Angst, dass wir den Weg nach Hause nicht mehr schaffen. Bisher ist es mir aber immer noch gelungen, Filippo mit Leckerli dazu zu bewegen, auch den Rückweg anzutreten und durchzustehen. Und so hanteln wir uns nach Hause zurück, immer zwei, drei Schritte – dazwischen ein Leckerli – und so fort.

Seit ein paar Tagen hat Filippo außerdem einen aufgeblähten Bauch und verstärkt Durchfall. Sein Bauch erinnert mich an Aszites (Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle), wie ich ihn bei Menschen mit Leberzirrhose gesehen habe. Der Gedanke ist wahrscheinlich nicht so abwegig. Filippo hat Leberkrebs und offensichtlich ist die Funktion seiner Leber nun schon einigermaßen eingeschränkt.

Für den Durchfall bekommt er Reis – den frisst er interessanterweise auch nur dann gerne, wenn er Durchfall hat. Vielleicht spürt er, dass er ihm gut tut.

Solange ihm sein Zustand nicht zu sehr zu schaffen macht, möchte ich den Tierarztbesuch noch hinauszögern. Filippo ist beim Tierarzt immer extrem gestresst und wenn es nicht unbedingt sein muss, dass vermeide ich es daher.

Tierarztbesuche

In letzter Zeit war es ohnehin einige Male notwendig, wegen seiner Arthrose. Außerdem hatte er ein Lipom (gutartiges Fettgewebsgeschwulst) so lange mit Zähnen und Zunge bearbeitet, dass es blutete und es schon entzündet war. Der Tierarzt hatte überlegt, es zu operieren, weil er befürchtet, es würde so nicht verheilen und sich weiter entzünden. Aber ein paar Wochen Salbenbehandlung mit Verband haben eine Operation verhindert.

Eigentlich wäre auch eine Zahnsteinentfernung dringend angesagt. Aber einem so alten Hund dazu eine Narkose zuzumuten, ist nicht einmal im Sinne des Tierarztes.

Von meiner Umgebung gibt es unterschiedliche Meinungen zu dem Thema, wann man mit einem Hund das allerletzte Mal den Weg zum Tierarzt antreten soll. Ab und zu werde ich gefragt, weshalb mein Hund noch leben muss, wenn er schon so schlecht auf den Beinen ist, Krebs hat und alt ist. Dann habe ich mich gefragt, ob er wirklich nur noch leben muss, weil ich mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen kann.

Ich habe das bei einem der letzten Tierarztbesuche angesprochen. Doch auch der Tierarzt meinte, dass ein Hund, solange er frisst und Interesse zeigt, nicht eingeschläfert werden muss. Er soll aber natürlich, soweit möglich, schmerzfrei sein. Die Kunst ist, zu erkennen, wann es für das Tier kein lebenswertes Leben mehr ist.

Glücklicherweise gibt es auch andere, die mich ermutigen, es weiter so zu handhaben, wie ich es machen. Eine Kollegin von mir hat es einmal auf den Punkt gebracht: „Nichts ist einfacher, als sich eines unbequem gewordenen Tieres zu entledigen.“ Einfach ist es nicht derzeit und ich komme oft an meine Grenzen.

Es muss nicht perfekt sein

Es ist nicht immer einfach dafür zu sorgen, dass Filippo unser Alltag nicht zu anstrengend wird und der lebhafte  Jamie auch auf seine Kosten kommt. Ganz davon abgesehen, haben meine Patienten das Recht auf eine gute logopädische Therapie. Die Befindlichkeit der Hunde darf die professionelle Gestaltung der logopädischen Therapieeinheit nicht beeinflussen.

Ich versuche jeden Tag aufs Neue, dem allem gerecht zu werden. Das ist immer wieder eine Herausforderung. An manchen Tagen gelingt es mir gut und an anderen Tagen nicht so gut. Oft wünsche ich mir, dass ich mehr Geduld habe – mit meinen Hunden, mit meinen Patienten, mit mir selbst. Filippo schafft viele Gelegenheiten, das Geduldig-Sein zu lernen. Und wenn ich in seine sanften, braunen, schon ein wenig münden Augen, schaue, dann lässt er mich wissen – es ist gut so wie es ist. Dazu muss es nicht perfekt sein.

 

Einen erfolgreichen Tag!

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